FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2002

 

Unterschiede in Qualität und Quantität der Begleitung von Pflegeverhältnissen durch einen Spezialdienst / durch den Allgemeinen Sozialen Dienst

von Henrike Hopp

 


Ist die Qualität und Quantität der Begleitung von Pflegeverhältnissen abhängig von der Organisationsstruktur?

Am deutlichsten werden Antworten auf solche Fragen immer dann, wenn es einmal die eine Form und dann später eine andere Form der Begleitung gegeben hat, so dass die Beteiligten realistische Vergleiche anstellen können.

Das heißt, dass Kommunen, die ihre Spezialdienste aufgelöst haben, dankbare Studienobjekte für die Frage nach Qualität und Quantität von Beratung und Unterstützung der Pflegefamilien sind.

Von den 6 betroffenen Jugendämtern in NRW, die ihre Spezialdienste aufgelöst haben, hatte und habe ich mit 4 Ergebnissen dieser Auflösungen intensiv zu tun.

Der Auflösung eines Spezialdienstes geht in der Regel folgende Entwicklung voraus:

a. Das Ringen um den Erhalt des Spezialdienstes

Wenn die Möglichkeit einer "Opferung" des Spezialdienstes nach außen dringt, beginnt der Kampf darum, verschont zu werden. Die SozialarbeiterInnen ringen um den Erhalt dieses Arbeitsplatzes und die Pflegeeltern sind, soweit sie organisiert sind, bemüht, die SozialarbeiterInnen zu unterstützen bzw. eigene Initiativen zu starten.

b. Entscheidung zur Auflösung des Spezialdienstes

Wenn es vorher ein Ringen gegeben hat, herrscht nun bei den beteiligten SozialarbeiterInnen und Pflegeeltern das Gefühl von Hilflosigkeit, Fremdbestimmung durch unfachlich entscheidende Verwaltungsobere und Resignation.

Manchmal bekommen Pflegeeltern die Veränderungen auch gar nicht mit. Manche erfahren es über die Presse und irgendwann meldet sich dann die/der neue zuständige SozialarbeiterIn oder aber es flattert ein Informationsbrief ins Haus, mit dem - vielleicht - schon auf eine neue personelle Zuständigkeit hingewiesen wird. (Tja - wie "partnerschaftlich" werden sich Pflegeeltern da wohl fühlen?)

c. Umbruchphase

Die Umbruchphase ist ein oft mühseliges Suchen nach neuen Formen und Wegen der Betreuung von Pflegefamilien durch den Allgemeinen Sozialen Dienst. Die SozialarbeiterInnen in den Ämtern müssen sich auf die Umstrukturierung einstellen. Dies frisst Zeit und Nerven. In dieser Zeit wird weniger beraten und betreut und es ist weniger Zeit vorhanden, sich auf die neuen Familien einzustellen.

Die Umbruchsphase bedeutet daher erst einmal eine (oft drastische) Verringerung der Beratung der Pflegefamilien durch das Jugendamt. Es entsteht eine große Lücke, die oft ein Jahr und mehr dauert.

Häufig finden sich in dieser Phase auch noch Mängel der Umstrukturierung generell, so dass die SozialarbeiterInnen und die Pflegeeltern über Jahre mit einer ständigen Veränderung der Verwaltung leben müssen.

Betreuung durch den Allgemeinen Sozialen Dienst

BITTE - ich möchte meine nachfolgenden Worte nicht als Beschimpfung oder Herabminderung irgendeiner Fachkraft im Allgemeinen Sozialen Dienst verstanden wissen. Ich weiß, dass es auch ganz anders sein kann, aber die Mehrzahl der Pflegeeltern mit denen ich Kontakt habe, haben nach der Auflösung eines Spezialdienstes folgende Erfahrungen gemacht.

Die Qualität der Beratung hat sich vermindert.

  • die Pflegeeltern fühlen sich von den neuen SozialarbeiterInnen des ASD häufig nicht verstanden
  • sie fühlen sich nicht genügend fachlich beraten
  • sie fühlen sich nicht genügend informiert
  • sie haben das Gefühl, dass die Herkunftsfamilie wichtiger ist als das Kind und ( fühlen sich deshalb durch diese SozialarbeiterInnen nicht vertreten
  • es ändern sich manchmal grundlegende Vereinbarungen, z.B. zu Besuchskontakten, durch eine völlig andere Sichtweise der/des nun zuständigen Sozialarbeiterin/ Sozialarbeiters.

Die Quantität der Betreuung hat sich vermindert

  • es gibt zahlenmäßig weniger Kontakte zwischen Pflegefamilie und SozialarbeiterIn
  • Gruppentreffen, Fortbildungen werden weniger angeboten

Die SozialarbeiterInnen dieser Kommunen sind mit der Auflösung des Spezialdienstes meist auch nicht glücklich. Sie erkennen die Probleme des Qualitäts- und Quantitätsverlustes und fühlen sich unzufrieden in ihren Arbeitsmöglichkeiten.

Aus dieser Unzufriedenheit heraus entwickeln sich mancherorts positive Ansätze zur Lösung einiger durch die Entspezialisierung der Aufgabenverteilung entstandenen Probleme:

  • Bei der Auflösung des Spezialdienstes in einer Großstadt vereinbarten die MitarbeiterInnen im ASD-Team, intern KollegInnen im Vertiefungsgebiet "Pflegekind" arbeiten zu lassen. Diese KollegInnen betreuen dann direkt die Pflegefamilien oder beraten ihre KollegInnen in Fragen der Pflegekindschaft.
  • Der ASD "managt" das Pflegeverhältnis, mit der pflegekindspezifischen Beratung wird eine andere Institution beauftragt.
  • Das Jugendamt kooperiert mit dem Pflegefamilienverband. Zusammen wurden neue Vorschläge bedacht z.B.
    - wie kann eine Konzeption zur Pflegekindschaft aussehen?
    - welche Erwartungen haben wir aneinander?
    - welche Institution vor Ort könnte intensivere Beratung leisten?
    - wie kann die Gruppenarbeit des Verbandes unterstützt werden etc.?
  • Der Pflegefamilienverband verbreitert sein Angebot in Krisenhilfe und Fortbildungen und bekommt dafür finanzielle Unterstützung durch das Amt.

Solche Ideen entwickelten sich erst im Laufe mehrerer Jahre. Einige der Kommunen mit aufgelösten Spezialdiensten stehen noch am Anfang dieser Entwicklung. In allen Kommunen zeigte sich jedoch, dass die Auflösung des Spezialdienstes "Pflegekinderwesen" ein tiefer Einschnitt in die Qualität der Beratung und Betreuung von Pflegefamilien und Pflegekindern ist.

von Henrike Hopp, aus dem 2. Jahrbuch des Pflegekinderwesens, S. 173 f. (Auszug aus „Berichte und Analysen einer freiberuflichen Sozialarbeiterin im Pflegekinderwesen“)

zum Aufruf des >Restposten Pflegefamilie e.V.<

 

 

[AGSP] [Aufgaben / Mitarbeiter] [Aktivitäten] [Veröffentlichungen] [Suchhilfen] [FORUM] [Magazin] [JG 2011 +] [JG 2010] [JG 2009] [JG 2008] [JG 2007] [JG 2006] [JG 2005] [JG 2004] [JG 2003] [JG 2002] [JG 2001] [JG 2000] [Sachgebiete] [Intern] [Buchbestellung] [Kontakte] [Impressum]

[Haftungsausschluss]

[Buchempfehlungen] [zu den Jahrgängen]

Google
  Web www.agsp.de   

 

 

 

 

 

simyo - Einfach mobil telefonieren!

 


 

Google
Web www.agsp.de

 

Anzeigen

 

 

 

 


www.ink-paradies.de  -  Einfach preiswert drucken