FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Rezension / Jahrgang 2003

 

Cordula de la Camp

Zwei Pflegemütter für Bianca

Interviews mit lesbischen und schwulen Pflegeeltern

LIT Verlag
Münster – Hamburg – Berlin – London, 2001

 

Dieses Buch enthält eine interessante Sammlung von Interviews, die alle in ihrem originalen Wortlaut wiedergegeben sind. Familien unterschiedlichster Konstellationen werden vorgestellt. Es sprechen Paare und Alleinstehende, Frauen mit Kindern aus früheren Heterobeziehungen und ein Paar, das nicht zusammenlebte aber dennoch gemeinsam für die Kinder sorgte.

„F.: Ich heiße Freya, bin 37 Jahre alt und habe zwei leibliche Kinder. Milena ist 16, Raphael ist 10 und ein Pflegekind, das ist das jüngste, das ist 4.“ S.52

„B.: Ich bin Ingo, bin 35, von der Ausbildung Erzieher und studiere im Moment Sozialpädagogik. Ich lebe seit einem Jahr in einer Fernpartnerschaft nach Köln. Meine Kinder heißen Joachim und Thorsten. Die sind jetzt 6 und 11. Einer ist seit zwei Jahren und fünf Monaten bei mir und einer seit zwei Jahren und einem Monat.“ S.82

„H.: Ich heiße Hartmut, bin 42 Jahre alt, von Beruf Erzieher. Ich lebe mit Frank zusammen, letzt fast 15 Jahre und zeitweilig in England, jetzt wieder in Berlin. Ein Jahr hatten wir in England Pflegekinder gehabt, und jetzt wieder, seit wir in Berlin wohnen, seit 2 Jahren.

F.: Ich bin Frank, ich bin 40, ich bin Sozialpädagoge, und den Rest hat der Hartmut schon erzählt. Habt Ihr auch leibliche Kinder? Nein.“ S.168

„S.: Ich heiße Sabine, bin 35 Jahre alt, und bin mit meiner Partnerin 11 Jahre zusammen, seit 10 Jahren leben wir auch zusammen. Ich habe keine leiblichen Kinder.

Is.: Ich heiße Isadora, bin die Partnerin von Sabine und habe auch keine leiblichen Kinder. ...

S.: Also wir haben zwei Pflegekinder. Die eine ist 4 Jahre alt und ist seit 3 Jahren bei uns und ist mit 10 Monaten zu uns gekommen, und das zweite ist auch ein Mädchen, die wird 2 Jahre alt und ist seit 8 Monaten bei uns.“ S.232 f.

Das Buch veranschaulicht, wie „gewöhnlich“ der Alltag in diesen (Pflege-)Familien abläuft und wie wenig Erziehungsfähigkeit mit sexueller Orientierung zu tun hat. Auch die Motive, die bei den einzelnen dazu führten, Pflegekinder aufzunehmen, werden sehr offen beschrieben und lassen keinen Unterschied erkennen zu heterosexuellen Pflegeeltern.

„U.: Ja, es gab verschiedene Gründe. Eigentlich ein Kinderwunsch, der schon viele Jahre bestand, und den wir halt immer wieder überlegt haben, auch an eigene Kinder gedacht haben.“ S.5

„F.: Die Motivation, die habe ich schon viele, viele Jahre vorher gehabt. Also, ich hatte immer schon den Wunsch, ein Kind zu adoptieren, aber auch den Wunsch, leibliche Kinder zu haben, und habe dann, nach der Beziehung mit dem Carlo, nach den 11 Jahren, nachdem ich mich von Carlo getrennt habe, für mich erst einmal eine Zeitlang gebraucht, für mich meinen neuen Lebensweg gestalten zu können und mir vorzustellen, wie es weitergehen könnte.“ S.54

„B.: Na ja, ich denke schon, daß sich das aus vielen Faktoren heraus entwickelt hat. Zum einen habe ich schon sehr früh, also von Jugend an, eigentlich gerne mit Kindern zu tun gehabt, habe auch schon immer Kinder betreut, im Ferienlager und sonstige Geschichten... Und zum anderen hat es natürlich mit der Arbeit zu tun, das ist die andere Schiene, daß ich eben von der Ausbildung Erzieher bin. ... Für mich war auch eine Motivation, Beruf und privates Interesse miteinander zu verbinden.“ S.83

„K.: Ich glaube, bei dieser ersten Inpflegenahme kann man ja eigentlich kaum von einem Pflegeverhältnis, so einem natürlichen, sprechen, weil Ludwig ja nur 11 Jahre jünger ist als ich. Das hat sich entwickelt aus der Situation, dass ich in diesem Kinderheim, wo Ludwig untergebracht war, gearbeitet habe und ein relativ intensives Verhältnis zu ihm aufgebaut hatte. Ein war ein ziemlich problematisches, sehr verschlossenes Kind damals, ein sehr aggressives auch.“ S.141

Es fällt auf, daß mehr als die Hälfte der Befragten aus pädagogischen Berufen stammen. Alle Pflegeeltern sind zwischen Mitte Dreißig und Mitte Vierzig und sprechen davon, mit der Aufnahme der Pflegekinder noch einen neuen Lebensabschnitt begonnen zu haben, für den sich alle ganz bewußt entschieden haben.

Eine wesentliche Erfahrung nehmen die Pflegekinder dieser Familien mit auf ihren Lebensweg: Sie erleben nach ihrer Trennung von der Herkunftsfamilie ein Stück der Vielfalt von Lebensmöglichkeiten in ihrer Pflegefamilie.

Eine interessantes Buch für Fachkräfte in Jugendämtern und all jene, die sich im Pflegekinderbereich engagieren und eine Horizonterweiterung für Menschen, die interessiert sind an anderen Lebensformen als dem traditionellen Mutter-Vater-Kind-Modell.

Ivo Stephan (Feb. 2003)

 

zum Lit-Verlag: http://www.lit-verlag.de/isbn/3-8258-5468-x

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