FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Nachrichten / Jahrgang 2008

 

Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik gegründet

 

Im Dezember 2007 wurde die „Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik“ ins Leben gerufen. InitiatorInnen waren Dipl.-Pädagogin Wilma Weiss und Dipl.-Behindertenpädagoge Martin Kühn. Die pädagogische Arbeit mit traumatisch belasteten Kindern und Jugendlichen stellt die Fachkräfte häufig vor große Probleme, die sich oft mit den herkömmlichen Herangehensweisen und Methoden nicht lösen ließen. Vor allem in Einrichtungen der Jugendhilfe leben Mädchen und Jungen, die extreme traumatische Erfahrungen überstanden haben. Während in einigen Einrichtungen bereits traumapädagogische Konzepte/Methoden gedacht und mit Leben gefüllt werden, wird in anderen Einrichtungen bisher schwerpunktmäßig die therapeutische Intervention als Behandlungsmöglichkeit angesehen. Die Möglichkeiten der Pädagogik im Traumakontext werden oft nicht weiter in Betracht gezogen. Für die Mädchen und Jungen hat dies zum Teil tragische Folgen. Anlässe für Retraumatisierungen und Sekundärschädigungen werden aufgrund nicht ausreichendem Fachwissens und fehlenden Handlungsmöglichkeiten nicht erkannt. Die spezifischen Belastungen der HelferInnen im Umgang mit traumatisierten Mädchen und Jungen werden nicht ausreichend wahrgenommen.

In Zukunft muss die Auseinandersetzung mit den pädagogischen Möglichkeiten der Traumabearbeitung geführt werden. Eine Vermeidung von traumabezogenem Material, wie hin und wieder gefordert, ist in der stationären Jugendhilfe nicht möglich. Traumatisierte Kinder inszenieren ihre Geschichten, sie leiden unter nicht kontrollierbaren Erinnerungen (Flashbacks) und sie übertragen traumatische Bindungserfahrungen. Zusätzlich negiert eine strikte Trennung „Betreuen, Erziehen, Beschützen und Begleiten“ als pädagogische Aufgabe einerseits und Traumabewältigung als therapeutische Aufgabe andererseits die vielen Möglichkeiten der Pädagogik und verzögert so eine umfassendere Korrektur z. b. von behindernden traumaspezifischen Einstellungen und Erwartungen der Mädchen und Jungen.

Die bewusste Unterstützung für traumatisierte Kinder und Jugendliche beinhaltet die Berücksichtigung der Erkenntnisse der Psychotraumatologie und erfordert die Übersetzung therapeutischen Wissens und Methoden in ein pädagogisches Arbeitsfeld. Die Überprüfung herkömmlicher Methoden und Inhalte von pädagogischen Arbeitsweisen ist nötig. Die Kenntnis der Psychodynamik von traumatisierten Menschen nutzt nicht nur der Traumabearbeitung der Mädchen und Jungen, sondern ist letztendlich auch eine Entlastung für die pädagogischen MitarbeiterInnen und Pflegeeltern. Traumatische Übertragungen, hochunsichere Bindungsmodelle, Rückblenden, posttraumatische Spiele und v. a. m. belasten die Beziehungen zwischen den Kindern und den MitarbeiterInnen. Die Kenntnis von Ursprung und konstruktiven Handlungsmöglichkeiten macht die Arbeit mit schwer belasteten Kindern und Jugendlichen wirksamer und dient somit auch der Arbeitszufriedenheit und Psychohygiene der professionellen HelferInnen.

Wir wenden uns als Bundesarbeitsgemeinschaft auch an Kindertagesstätten und Schulen. Erziehungs- und Bildungseinrichtungen sind für traumatisierte Mädchen und Jungen oft die einzigste Möglichkeit, ihre zentrale Erfahrung von Isolation zu korrigieren und eine Zementierung der sozialen Isolierung zu vermindern oder gar zu vermeiden. Hier entscheidet sich mit, ob die ohnehin übermäßig belasteten Kinder und Jugendlichen eine neue Chance zur sozialen Teilhabe bekommen. 

In den letzten Jahren ist das Interesse an Erkenntnissen der Psychotraumatologie bei MitarbeiterInnen der Kinder- und Jugendhilfe, sowie anderen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zunehmend gewachsen. Dies hat zur Entwicklung neuer Sichtweisen und Konzepte geführt, deren es zukünftig einer umfassenderen fachlichen und wissenschaftlichen Diskussion auch und vor allem in pädagogischen Bereichen bedarf.

Ziele der Bundesarbeitsgemeinschaft sind daher u.a.:

  • Vernetzung von Fachkräften, die sich im Rahmen der Entwicklung traumapädagogischer Konzepte engagieren
  • Entwicklung von fachlichen Standards für eine traumapädagogische Praxis in den verschiedenen pädagogischen Arbeitsfeldern (Jugendhilfe, Bildung & Erziehung)
  • Entwicklung fachlicher Standards für traumapädagogische Qualifizierungen in Fort- und Weiterbildungsangeboten
  • Entwicklung von notwendigen und verbindlichen Kooperationsstandards mit benachbarten Fachdisziplinen wie z.B. der Psychotherapie und Psychiatrie

Mittlerweile haben zahlreiche PädagogInnen, PsychotraumatologInnen und andere soziale Fachkräfte und Einrichtungen der Jugendhilfe, Bildung und Betreuung ihr Interesse an einer gemeinsamen Arbeit zu den oben genannten Zielen bekundet. Wir freuen uns auf einen konstruktiven Dialog mit vielen Frauen und Männern, die schwer belastete/traumatisierte Mädchen und Jungen professionell so gut als möglich bei der Bearbeitung ihrer Erfahrungen und der Bildung von Zukunftszuversicht und -chancen unterstützen wollen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik ist im Internet unter der Adresse www.bag-traumapaedagogik.de zu erreichen (Mail: mail@bag-traumapaedagogik.de).

 

 

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