FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Nachrichten / Jahrgang 2005

 

Kindeswohl schützen – Vernachlässigungen erkennen!
Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 für Kinder zur Pflicht machen!


Antrag der Abgeordneten Wilfried Buss Britta Ernst Andrea Hilgers Dirk Kienscherf Karin Rogalski-Beeck Carola Veit und SPD-Fraktion

Der Sonderausschuss „Vernachlässigte Kinder“ hat sich zum Ziel gesetzt, das Handeln staatlicher Stellen auf Verbesserungsbedarfe und -möglichkeiten hin zu überprüfen. In diesem Sinne sprechen sich die Mitglieder aller Fraktionen des Ausschusses in großer Einigkeit dafür aus, die bisher freiwilligen Kindervorsorgeuntersuchungen U 1 bis U 9 fortan als verpflichtende Untersuchungen auszugestalten. Bei der regelmäßigen Untersuchung des Kindes durch einen Arzt sollen Merkmale von Vernachlässigung und Misshandlung frühzeitig erkannt werden.

Die Kindervorsorgeuntersuchungen dienen der Früherkennung von Krankheiten, die die körperliche oder geistige Entwicklung des Kindes in nicht geringfügigem Maße gefährden. Sie werden innerhalb der ersten fünf Lebensjahre bis zu neun Mal anhand eines umfassenden, standardisierten Programms durchgeführt. Sie sind ein sozialrechtlich garantiertes Angebot an die Eltern, welches von der ganz großen Mehrheit der Hamburger Eltern auf freiwilliger Basis wahrgenommen wird. Da nach aller Erfahrung gerade vernachlässigte und misshandelte Kinder nur selten oder gar nicht den Ärzten vorgestellt werden, diese Kinder aber unseren besonderen Schutz bedürfen, muss aus dem Angebot eine Pflicht zur Vorsorgeutersuchung werden.

Gegen eine solche Verpflichtung aller Kinder und Eltern werden verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Grundsätzlich darf der Gesetzgeber auf diese Weise in das in Art. 6 GG festgeschriebene elterliche Erziehungsrecht nur dann eingreifen, wenn individuelle Maßnahmen nicht ausreichen, generelle Maßnahmen also das gebotene und adäquate Mittel sind, um die Gefährdung abzuwenden. In diesem Zusammenhang wird insbesondere zu prüfen sein, ob die dann verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen überhaupt geeignet sind, erste Zeichen von Vernachlässigung, Misshandlung und/oder Missbrauch frühzeitig zu erkennen. Zweifel daran werden wegen der teilweise zu großen zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Untersuchungsterminen geäußert.

Die genannten Einwendungen gegen eine Verpflichtung der Eltern tragen im Ergebnis jedoch nicht. Zwar haben die Eltern das Recht, die Pflege und Erziehung ihrer Kinder nach eigenen Vorstellungen frei und grundsätzlich mit Vorrang vor anderen Erziehungsträgern zu gestalten. Diesem Elternrecht korrespondiert jedoch eine Elternpflicht, deren Überprüfung und notfalls deren Sicherstellung Aufgabe des Staates ist. Wird dagegen in schwerwiegender Weise verstoßen, muss der Staat aufgrund seines sog. Wächteramtes eingreifen und die notwendigen Maßnahmen einleiten. Im Rahmen der an dieser Stelle vorzunehmenden Interessenabwägung sprechen viele gute Gründe dafür, im Verhältnis zwischen Gesundheit und körperlichem Wohlergehen des Kindes einerseits und dem Elternrecht andererseits das Kindswohl höher zu bewerten. Zu klären bleibt, inwieweit in die eigenen Rechte der Kinder eingegriffen werden kann.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Die Bürgerschaft fordert den Senat auf,

1. initiativ zu werden, um die U1 – U9 zu verpflichtenden Untersuchungen zu machen,

2. zu prüfen, welche Schritte dazu unternommen werden müssen, die bisher freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen verbindlich zu machen, indem diese als Pflichtuntersuchung rechtlich verankert werden und der Bürgerschaft bis zum

31. Oktober 2005 darüber zu berichten, und parallel dazu zu prüfen welche Lösungsmöglichkeiten durch andere gesetzliche Neuregelungen bestehen, eine regelmäßige Teilnahme aller Kinder an den Vorsorgeuntersuchungen sicher zu stellen.

Dabei soll insbesondere geklärt werden, wie im Rahmen des Abrechnungsverfahrens der Vorsorgeuntersuchungen zwischen Kinderarzt, Krankenkasse und Kassenärztlicher Vereinigung etc. diejenigen Kinder identifiziert werden können, die nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen vorgestellt wurden. Über gezielte Erinnerungen und Mahnungen sollen die Sorgeberechtigten dieser Kinder zur freiwilligen Teilnahme bewegt werden. Nur bei völliger Teilnahmeverweigerung soll dann eine Meldung an das Jugendamt oder eine andere geeignete Stelle erfolgen, die klärt, warum das Kind nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen vorgestellt wurde und geeignete Schritte einleitet, dieses nachzuholen und der Bürgerschaft bis zum 31. Dezember 2005 darüber zu berichten.

3. weitere Veränderungen bei den zeitlichen Abläufen der Vorsorgeuntersuchungen anzustreben, damit ein möglichst lückenloses Bild der Gesundheit des Kindes im Alter von 0 - 5 Jahren möglich wird und der Bürgerschaft darüber ebenfalls bis zum 31. Dezember 2005 zu berichten.

Für Rückfragen:
Katharina v. Fintel, 040/428 31 23 59

 

 

 

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