FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2003

 

Faule Früchte aus der Vermählung von Sozialdemokratie und Sozialismus

Kommentar zu den vom Senat geplanten Pflegekindervorschriften

von Hartmut Kohlmetz, freier Journalist und Online-Redakteur
(
www.hartmut-kohlmetz.de)

 

Was würde ein Historiker oder Politologe erwarten, wenn Sozialdemokraten und Sozialisten zusammen eine Regierung bilden? Antwort: mehr Egalisierung, mehr Staat und mehr Bürokratie! Genau das zeigt sich nun in einem gesellschaftlichen Teilbereich, nämlich im Pflegekinderwesen der Bundeshauptstadt. Die historisch gewachsene Differenzierung wird durch Abschaffung der heilpädagogischen Pflegefamilie eingeebnet, die Subsidiarität freier Träger und die Autonomie der Pflegefamilien durch eine Fülle staatlich diktierter Regeln stranguliert. Das alles ohne ökonomische Vernunft, denn die würde einen Auf- und Ausbau dieses kostengünstigsten und effizientesten Zweiges der Jugendhilfe gebieten.

Und die Verlagerung des Pflegekinderwesens von den Bezirksämtern auf freie Träger, ist nicht wenigstens sie eine staatseinschränkende Gegenbewegung? Ja, wenn die freien Träger frei handeln könnten. Genau das aber konnten sie vorher mehr als nach Realisierung der geplanten Pflegekindervorschriften. Vorher konnten die freien Träger, wie z.B. das Friedrichs-Stift, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und eigenen Erfahrungen Pflegeeltern anwerben, beraten und betreuen - ganz im Sinne der Subsidiarität und des Kinder- und Jugendhilfegesetzes:
„Die Jugendhilfe ist gekennzeichnet durch die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen“ „Die öffentliche Jugendhilfe soll die freie Jugendhilfe nach Maßgabe dieses Buches fördern und dabei die verschiedenen Formen der Selbsthilfe stärken“ „Sie hat dabei die Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsstruktur zu beachten“ (Zitate aus §§ 3 und 4 des KJHG).

Die Zukunft soll ganz anders aussehen. Die Pflegeeltern werden dann per vorformuliertem Vertragstext, verbindlichen Pflegekindervorschriften und programmatischen Leitlinien auf ein zentral geplantes Konzept verpflichtet, das sie prinzipiell auf Besuchskontakte zur Herkunftsfamilie und auf Rückkehroption festlegt, statt solche hochriskanten Strategien der Einzelfalldiagnostik zu überlassen.

Auch eine freie Wahl des Beraters wird es nicht geben, sondern zuständig ist ein bestimmter für die jeweilige Region zuständiger Träger, z.B. die Caritas, auch dann, wenn die Pflegeeltern die Caritas aus weltanschaulichen Gründen ablehnen. Die Caritas ihrerseits ist ebenfalls nicht frei, weil sie die genannte zentral geplante Konzeption realisieren muß. Träger, die sowohl diese staatliche Konzeption ablehnen wie auch das Regionalprinzip, bekommen keinen Kooperationsvertrag, auch wenn sie sich seit vielen Jahren im Pflegekinderwesen bewährt haben, erfolgreiche Evaluationsforschung nachweisen können und bereit sind, wesentlich kostengünstiger zu arbeiten.

Max Weber soll einmal geseufzt haben: „Wenn Karl Marx doch recht behielte und sich erst der Kapitalismus und dann der Sozialismus durchsetzen würde, leider irrt er, statt dessen wird der Bürokratismus siegen.“ Max Weber hat großes Glück, daß er die gegenwärtige Verwirklichung seiner Prognose nicht miterleben muß.

 

 

 

[AGSP] [Aufgaben / Mitarbeiter] [Aktivitäten] [Veröffentlichungen] [Suchhilfen] [FORUM] [Magazin] [JG 2011 +] [JG 2010] [JG 2009] [JG 2008] [JG 2007] [JG 2006] [JG 2005] [JG 2004] [JG 2003] [JG 2002] [JG 2001] [JG 2000] [Sachgebiete] [Intern] [Buchbestellung] [Kontakte] [Impressum]

[Haftungsausschluss]

[Buchempfehlungen] [zu den Jahrgängen]

Google
  Web www.agsp.de   

 

 

 

 

 

simyo - Einfach mobil telefonieren!

 


 

Google
Web www.agsp.de

 

Anzeigen

 

 

 

 


www.ink-paradies.de  -  Einfach preiswert drucken